Vor einem Jahr fing ich an, auf dieser Internetseite tägliche Nachrichten und Links zu sammeln, die mir zum Thema #Klimakatastrophe so unterkamen. Erst ziemlich sporadisch, inzwischen ziemlich intensiv. Die Seite hatte vorher keinen wirklichen Nutzen mehr und so erschien es mir vernünftiger, diese Sammlung hier öffentlich anzulegen, statt nur für mich im Verborgenen. Die Statistiken des Webspaces zeigen, dass die Zugriffszahlen über das vergangene Jahr (beginnend bei 0) auf niedrigem Niveau einen leichten, aber kontinuierlichen Anstieg verzeichnen (niemand liest mehr Blogs). Im Moment bin ich bei ca. 150 individuellen Nutzern pro Monat. Ich habe keine Ahnung, wer das alles ist, aber wenn ich nur einen Besucher pro Monat durch diese Sammlung schlauer mache, hat es sich doch schon irgendwie gelohnt. Unterm Strich bleibt das hier aber wohl weiterhin eine private Sammlung, die vor allem mich schlauer macht und inzwischen zu einem Ritual in meinem Tagesablauf geworden ist.
Ich freue mich, diesen Schritt gegangen zu sein, denn nun weiß ich sehr viel mehr über dieses Thema, als noch vor einem Jahr und bin immer halbwegs auf dem Laufenden über tagesaktuelle Entwicklungen, neue Forschungsergebnisse und das große Ganze. Alternativ würde ich dieses unangenehme Thema wohl ähnlich meiden, wie viele andere. Kein Thema der Menschheitsgeschichte ging (i.V.m den starken Verlusten bei der Biodiversität) bislang so allumfassend ans Eingemachte der menschlichen Existenz. Vermutlich interessiert es mich daher so sehr.
Bei der Sammlung wurde bislang einmal mehr deutlich:
Zu nichts hat der Mensch so eine schlechte Beziehung, wie zur realen Welt und mit Nichts könnte man sich davor besser schützen, als mit bereits vorhandenem Wissen und Erkenntnis. Aufklärung und Humanismus. Vernunft und Moral. Näher, als mit dem aktuellen weltweiten wissenschaftlichen Konsens kommen wir nicht an die Realität ran, um Fehler zu vermeiden. Stattdessen ist uns eine gut erzählte Geschichte, gepaart mit der eigenen Überhöhung immer noch lieber, als Akzeptanz und angemessene Reaktion auf Sachlagen.
Irgendwo in der Geschichte haben wir den Bezug zur Natur verloren, sonst wäre Geld als etwas, das außerhalb unserer Vorstellungskraft garnicht existiert, nicht unsere größte Triebfeder. Wäre es anders, würden unsere aktuellen Wirtschaftssysteme, allen voran der Kapitalismus, nicht den Faktor „Zerstörung der Lebensgrundlagen“ weitgehend aus der Gesamtgleichung streichen, obwohl man es seit mindestens vier Jahrzehnten besser weiß. Man würde sich nicht einbilden, dass unser Wirtschaftssystem deswegen so gut funktioniert, weil letztlich alle davon profitieren, sondern weil wir über unsere Verhältnisse leben, verwitterte Dinosaurier ausgraben und verfeuern, statt sie dort zu lassen, wo sie sind. Wir würden uns auch nicht einbilden, dass das alles so zu sein hat, wir irgendeinen Anspruch darauf haben und es immer so weitergehen kann. Natur = Kreislaufwirtschaft ≠ menschliches Handeln. Wir hätten sowieso flächendeckend eine andere Definition davon, was Erfolg ist. Stattdessen bezweifeln wir, stellen in Frage und erfinden neue Geschichten, die vor Logikfehlern nur so strotzen, nur um uns der Realität nicht stellen zu müssen. Aus der Draufsicht ist das faszinierend, mittendrin und mit Blick auf die Zukunft deprimierend.
Ich nehme mich dabei auch garnicht selbst aus. Noch vor 12 Jahren dachte ich: „Es gab nie eine bessere Zeit und einen besseren Ort in der Weltgeschichte, um Kinder in die Welt zu setzen.“ Meine Erfahrung war, dass die Menschheit Probleme bislang immer in den Griff bekommen hat. Das Thema Klimawandel war in meiner Wahrnehmung und der vollen Tragweite damals noch nicht so präsent. Irgendwo im Hinterkopf als eines von vielen Problemen schon, aber sicher nicht so wie heute. Inzwischen ertappe ich mich immer öfter bei dem Gedanken: „In was für eine Scheiße habe ich euch da nur reingesetzt?“, wenn ich an die Zukunft meiner Kinder denke. Das liegt, neben dem oben genannten, an der epochalen Größe des Problems, der Gesamtlage der Welt, dem Erfordernis einer globalen koordinierten Reaktion der Selbstbeschränkung, den vielen Dingen, die wir über unsere Natur noch nicht wissen (wie schnell treten z.B. unumkehrbare Kipppunkte ein?) und dem Faktor Zeit. Einerseits ist die inzwischen äußerst knapp, andererseits sind die Schäden für die nächsten Generationen schon angerichtet (es wird noch eine lange Zeit schlimmer, bevor es wieder besser werden kann), wiederrum braucht es mehr als eine (Rest-)Lebensspanne, um dem Problem angemessen zu begegnen, verbunden mit der rhetorischen(?) Frage, ob wir dazu altruistisch genug sind. Ich bin wenig optimistisch, auch abgesehen von allen anderen mitspielenden schlechten menschlichen Eigenschaften. In Diskussionen möchte man auf alle aktuell vorgebrachten „Gegenargumente“ antworten: „Nur mal angenommen, die Gesamtheit aller Fachwissenschaftler auf der Welt wüsste es besser als du. Was dann?“
Doch zurück zu meinem eigenen Beitrag. Mein Leben ist natürlich auch weit davon entfernt, klimaneutral geführt zu werden, doch ich gebe mir zunehmend Mühe.
Dickster Brocken auf der Haben-Seite ist der Verzicht auf Fleisch, den ich (leider erst) vor 1,5 Jahren begann und mittlerweile auf weitere tierische Produkte ausgeweitet habe. Damit macht man viele Dinge auf einmal richtig, denn:
- je nach Quelle 65-70% der landwirtschaftlichen Produktion gehen für Futtermittel drauf, Fleisch deckt aber nur 11% der Nährwerte.
- Landwirtschaft ist ein Vogel- und Insektenkiller und damit schlecht für die Biodiversität
- 70% des Wasserverbrauchs bei der Nahrungsmittelproduktion fallen in der Tierhaltung an.
- Massentierhaltung ist kein Spaß, weder für die Tiere, noch für die Menschen, die damit zu tun haben.
- pflanzliche Ernährung ist wesentlich gesünder
- Verzicht auf Fleisch- und Tierprodukte lässt sich problemlos sofort umsetzen
Daraus folgt, dass wir jede Menge Flächen wieder zu echten Wäldern machen könnten, je mehr Menschen sich ganz oder teilweise für Fleischverzicht entscheiden. Und da habe ich noch nicht mal über die Unmengen Treibhausgase (CO2 und Methan) gesprochen, die in der Fleisch- und Wurstproduktion anfallen. Dieser Verzicht ist eine einzige Win-Win-Win-Entscheidung, rein faktisch betrachtet.
Okay, aber was noch?
Ich mache auch noch einiges anderes was so geht. Fahre (inkl. Urlaub) keine 5.000km/Jahr mehr Auto, fahre Zug und Rad, wenn es zum Alltag passt, kaufe Dinge in Nachfüll- oder Großgebinden, um Plastik zu vermeiden, kaufe für ich generell grundsätzlich gar nichts mehr, was nicht notwendig ist, habe im vergangenen halben Jahr zwei Haushaltsgroßgeräte erfolgreich mittels Youtube selbst repariert (Ich(!)), bin in meinem Leben generell kaum Flugzeug geflogen (<10 Urlaubsreisen) und fliege seit Jahren garnicht mehr.
Sowas halt. Und trotzdem ginge theoretisch noch mehr. Ich fahre z.B. gerne Motorrad, ein absolutes „Guilty Pleasure“, verhänge das aber immerhin mit dem Feigenblatt der CO2-Kompensation (=Spenden für Aufforstung des chilenischen Regenwaldes, Wiedervernässung der Moore in Norddeutschland und so Sachen). Ich bewohne mit meiner Familie ein Einfamilienhaus mit Brennwertgasheizung, was aus Wohneffizienzgründen eine energetische Vollkatastrophe ist. Ich werde mir Beratung holen, was sich da (finanziell machbar) noch rausholen lässt, sobald die Denkmalschutzgesetze gelockert werden, will es aber auf absehbare Zeit grundsätzlich erstmal nicht aufgeben. Ich kann aufgrund der aktuellen Familiensituation und Wohnsituation auf viel Auto verzichten, aber nicht aufs Ganze. Und auch das sind nur die größten Brocken des persönlichen Fehlverhaltens.
Unterm Strich bleiben für mich laut Onlinerechner rund 6.000kg CO2-Verursachung im Jahr, was deutlich unter dem Schnitt meiner Einkommensklasse (10.500kg), aber deutlich über den 2.500 bis 3.000kg/Jahr, die dem Weltbürger zur Verfügung stehen, liegt.
Und da bin ich im Prinzip genau beim springenden Punkt. Alles, was man tut ist gut, weil es bestenfalls halt auch Schule macht, aber es wird trotzdem nicht reichen. Ich wohne in Deutschland, dem 6.größten CO2-Verursacher der Welt. (Zum Vergleich: Der Kontinent Afrika mit über 50 Ländern und 1,4 Milliarden Menschen verursacht 4,4% des weltweiten CO2. Deutschland alleine knapp 2%. Erstgenannte sind es aber, die bald endgültig nicht mehr dort leben können, wo sie gerade leben.). Es gibt wesentlich größere Hebel zum Ansetzen. Wo kann die Industrie sparen, was wollen wir noch produzieren und auf was können bzw. müssen wir alles verzichten? Wie wollen wir leben? Was hat jeder nach seinen Möglichkeiten beizutragen, damit man wenigstens die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht (die auch schon nur ein schlechter Kompromiss sind)? Wie kriegen wir so schnell wie möglich die Klimagasentstehung runter? Was machen wir mit den Menschen, die bald nicht mehr dort leben können, wo sie gerade leben? Fragen, die in Neonfarben geschrieben im Raum stehen. Doch von solchen Diskussionen sind wir als Gesellschaft leider weit entfernt, wenn wir es nicht mal schaffen, die niedrig hängenden Früchte (Reduzierung des Individualverkehrs, Umrüstung auf klimaneutrale Energieerzeugung, etc.) vernünftig zu diskutieren, geschweige denn im erforderlichen Maß und schnell genug umzusetzen. Jedes Industrieland macht irgendwas, aber keines macht im Moment genug.
Ergo: Ich wäre zu noch viel mehr bereit unter der Bedingung, dass jeder nach seinen Möglichkeiten mitmachen muss.
Doch zunächst sammle ich hier weiter Informationen, denn vom Ignorieren geht der Stand der Dinge auch nicht weg.
„Und sag mir, wen du heute für weiser hältst: denjenigen, der eine Methode entdeckte, Safranparfüm aus verborgenen Rohren in ungeheure Höhe zu versprühen, der Kanäle mit einem plötzlichen Wasserschwall füllt oder leert, der eine Reihe von drehbaren Deckenteilen für einen Speisesaal so konstruiert, dass sie ein unterschiedliches Aussehen annehmen können, das bei jedem Gang wechselt? Oder denjenigen, der anderen und sich selbst beweist, dass die Natur keine schwierigen oder unerfüllbaren Anforderungen an uns stellt und dass wir ohne den Marmorsteinmetz und den Tischler eine Wohnstätte haben können, dass wir uns kleiden können, ohne Seide zu importieren, dass wir alles haben können, was wir für unseren gewöhnlichen Bedarf benötigen, wenn wir uns mit dem begnügen, was die Erde auf ihrer Oberfläche zur Verfügung stellt.“
Seneca
Das schrieb Seneca … vor 2.000 Jahren und ganz ohne bevorstehenden Klimakollaps.
Irgendwo im Weltall gibt es einen Planeten, auf dem leben nackte Affen mit zu groß geratenen, komplizierten Gehirnen, die dringend daraus lernen sollten.
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